Mietrecht bei Eigenbedarf: BGH stärkt Vermieter

Es ist ein Urteil, das Wohnungsmieter schwächt: Nach einer Entscheidung des BGH kann ihnen eine Investorengemeinschaft auch künftig kündigen, wenn einer der Gesellschafter begründet Eigenbedarf anmeldet. Kritik kommt vom Mieterbund.

Wohnungsmieter müssen auch in Zukunft damit rechnen, dass ihnen die Gesellschafter einer Investorengemeinschaft mit Verweis auf Eigenbedarf eines Gesellschafters die Kündigung schicken – zumindest, wenn die Investoren sich zu einer “Gesellschaft bürgerlichen Rechts” (GbR) zusammengeschlossen haben und einer der Gesellschafter zu Recht Eigenbedarf anmeldet. Der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigte seine bisherige Rechtsprechung, die das zulässt.

Das Urteil stellt Mieter in einem Punkt sogar schlechter: Bisher wurde eine Eigenbedarfskündigung unwirksam, wenn der Vermieter nicht seiner Pflicht nachkam, eine andere Wohnung im selben Haus als Ersatz anzubieten, wenn diese zufällig frei wird. Künftig bleibt es auch in so einem Fall bei der Kündigung. Der Mieter hat höchstens Anspruch auf Schadenersatz, etwa für die Umzugskosten. Der Deutsche Mieterbund kritisierte das Urteil als “doppelte Ohrfeige”.

Ehepaar soll Mietwohnung nach 30 Jahren räumen

In dem Fall ging es um ältere Eheleute aus München, die nach mehr als 30 Jahren ihre Mietwohnung räumen sollen. Das Haus gehört seit 1991 vier Geschäftspartnern, die sich  in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) zusammengeschlossen haben. Einer der Gesellschafter meldete im Jahr 2013 Eigenbedarf für seine Tochter und deren Familie an, die GbR kündigte den Mietern mit dieser Begründung.

Die Mieter halten den Kündigungsgrund für vorgeschoben. Die GbR sanierte das Haus in begehrter Lage am Isar-Ufer nach und nach und teilte es in Eigentumswohnungen auf. Nur die 166-Quadratmeter-Wohnung des Ehepaars fehlt noch.

Landgericht hatte Räumung verhindert

Das Landgericht München hatte die Räumung zuletzt verhindert und sich mit einer sehr grundsätzlichen Argumentation gegen den BGH gestellt: Eine GbR sollte niemals Eigenbedarf anmelden können – alles andere bedeute für die Mieter “ein erhöhtes, schwerer überschaubares Risiko”.

Die BGH-Richter erkennen dieses Risiko zwar, verweisen allerdings auf Miteigentümer- oder Erbengemeinschaften, die ebenfalls groß und unübersichtlich sein können. Trotzdem sei deren Mitgliedern die Eigenbedarfskündigung erlaubt, wenn auch nur einer der Erben oder Miteigentümer sich auf Eigenbedarf berufen könne.

Außerdem begründet der Senat seine Entscheidung damit, dass der Gesetzgeber in zwei Mietrechtsreformen eine Änderung zulasten der GbR offensichtlich nicht für nötig hielt.

“Kündigungsschutz wird aufgeweicht”

Der Mieterbund forderte, eine eventuell bestehende Regelungslücke rasch zu schließen. “Mit dieser Rechtsprechung wird der Kündigungsschutz aufgeweicht, Missbrauch Tür und Tor geöffnet, und die Regelungen zu Kündigungssperrfristen werden umgangen”, erklärte Bundesdirektor Lukas Siebenkotten.

Die Mieter wehren sich auch deshalb gegen die Kündigung, weil ihnen die GbR ihrer Auffassung nach eine freie 76-Quadratmeter-Wohnung im selben Haus hätte anbieten müssen, die in der Zwischenzeit frei geworden war. Das macht die Kündigung nach der neuen BGH-Linie aber nicht mehr unwirksam, sondern berechtigt die Mieter allenfalls zu Schadensersatz, zum Beispiel für die Umzugskosten.

Die Mieter können trotzdem noch einmal auf das Landgericht München hoffen. Es muss den Fall neu verhandeln, weil nicht geprüft wurde, ob an dem angeblichen Eigenbedarf der Tochter etwas dran ist oder der Auszug für die Mieter eine unzumutbare Härte wäre.

Ist der Eigenbedarf der Tochter wirklich nur vorgeschoben, wie von den Mietern vermutet, dann wäre die Kündigung auch nach der Ansicht des BGH unwirksam. Durch das heutige BGH-Urteil bleibt es allerdings dabei, dass eine aufwendige Einzelfallprüfung der Kündigung notwendig bleibt, und am Ende die Räumung droht.

Die Ansicht des Landgerichts München, wonach die “Gesellschaft bürgerlichen Rechts” nie wegen Eigenbedarf kündigen kann, hätte die Mieterrechte demgegenüber gestärkt und für Vereinfachung gesorgt, allerdings auch das Eigentumsrecht der Vermieter beschränkt.

Az. VIII ZR 232/15

Menü