Die deutsche Familienstiftung – Gestaltungsmöglichkeit für Familienvermögen

Die Stiftungsidee hat in Deutschland eine lange Tradition. Um das Jahr 1900: gab es hierzulande zirka 100 000 Stiftungen. Dem Bundesverband Deutscher Stiftungen sind derzeit über 20 000 Stiftungen aller Art in Deutschland bekannt. Die ältesten von Ihnen bestehen seit mehr als 1.000 Jahren.

Rund 95 % der deutschen Stiftungen tragen den steuerlichen Status einer gemeinnützigen Körperschaft. Dieser Status erfordert es, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigen oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. Als Förderung der Allgemeinheit können beispielsweise anerkannt werden: die Förderung der Wissenschaft und Forschung, die Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens, die Förderung der Kunst und Kultur, die Förderung des Naturschutzes und der Landschaftspflege aber auch die Förderung des Wohlfahrtswesens und die Förderung des Sports, wobei selbst Schach als Sport gilt.

Dem gegenüber liegt das wesentliche Motiv für die Errichtung einer Familienstiftung in der wirtschaftlichen Absicherung der Familie. Eine Förderung der Allgemeinheit ist damit nicht gegeben, denn der Kreis der Personen dem die Förderung zu Gute kommt, ist fest abgeschlossen.

Entgegen einem landläufigen Vorurteil gibt es Familien-Großvermögen öfter außerhalb von Familienstiftungen als darin. Für Familien mit einem gewissen Vermögen kann sich in organisatorischer und rechtlicher Hinsicht die Frage stellen, wie das Vermögen über den Tod des Erblassers hinaus verwaltet, erhalten und bestenfalls vermehrt werden kann.

Die Stiftung, und hier speziell die privatnützige Stiftung in ihrer Ausprägung als „Familienstiftung“, ist ein wieder entdecktes Gestaltungsinstrument, das gewisse Vorteile bieten kann.

Die Errichtung einer Familienstiftung macht den Erblasser, aber auch die potenziellen Erben personell, zeitlich und ggf. regional frei von Pflichten und Beschränkungen. Der Erblasser hat eine erste umfassende Disposition über das (ggf. unternehmerische) Vermögen getroffen. Sie ist für den Zeitraum der Stiftungsregelung abschließend. Potentielle Erben leben nicht mehr unter dem Entscheidungsdruck, über ihre Beziehung zum Familienvermögen und ihre Rolle im Unternehmen konkrete Festlegungen vornehmen zu müssen. Das Unternehmen ist für die Dauer der Stiftungsregelung versorgt.

Die Gründung einer Familienstiftung bietet in diesem Zusammenhang den Vorteil, die Unternehmens- und Vermögenskontinuität zu gewährleisten, auch wenn keine Familienmitglieder – aus welchem Grund auch immer – als Nachfolger zur Verfügung stehen. Grundsätzlich lässt sich die Unternehmenskontinuität und Nachfolge auch in Familiengesellschaften lösen. Bei einer Stiftung können, im Gegensatz zu einem von einer Familie beherrschten Unternehmen, jedoch zwischenmenschliche und familiäre Probleme zwischen den Familienmitgliedern und einem Fremdgeschäftsführer weniger leicht entstehen.

Darüber hinaus lassen sich Erbstreitigkeiten vermeiden, da die Destinatäre (Begünstigte) einer Familienstiftung nicht mit einem Vermögen, sondern lediglich mit wiederkehrenden Zahlungen bedacht werden.

Zivilrechtlich bewirkt die Familienstiftung eine wirtschaftliche Absicherung der Familie, ohne „Anteile“ am Vermögen im Rechtssinne der Familie zu verschaffen. Hierdurch vermindert sich das Risiko des Auseinanderfallens eines Vermögens. Im Gegensatz zur Familiengesellschaft können die Destinatäre der Stiftung, also die Familienmitglieder, die Stiftung nicht wie eine Gesellschaft kündigen und Anteile auf Dritte übertragen. Des Weiteren sind keine klassischen Stimm,-, Kontroll- und Informationsrechte vorgesehen. Eine Kontrolle kann durch die einzelnen Familienmitglieder, durch Familienversammlungen oder im Rahmen eines Beirats oder Kuratoriums erfolgen.

Der Grund für die Errichtung einer Stiftung kann auch in der Institutionalisierung eines guten Familienverhältnisses liegen. Bei entsprechender Ausgestaltung der Stiftungssatzung wird das Unternehmensvermögen auf Ewig zusammengehalten („Ewigkeitswert der Stiftung“), lediglich der Kreis der Destinatäre verändert sich im Zeitablauf.

Motive für die Gründung einer Familienstiftung können ebenfalls darin liegen, dass der Stifter bereits zu Lebzeiten sicherstellen will, dass sein Vermögen nicht künftig einem Zweck zugeführt wird, den er nicht für förderungswürdig hält. Die durch die Stiftungserrichtung mögliche postmortale Beherrschungsmacht des Erblassers findet sich auch in anderen Rechtskreisen, vor allem im anglo-amerikanischen Bereich, in dem die Einrichtung von sog. „Trusts“ üblich ist.

Entstehung einer Familienstiftung
Eine Familienstiftung wird durch das Stiftungsgeschäft und die staatliche Anerkennung der nach Landesrecht zuständigen Stiftungsbehörde (§ 80 Absatz 1 BGB) errichtet. Mit dem Stiftungsgeschäft bringt der Stifter seinen Willen zum Ausdruck, die Stiftung zu errichten und mit den nötigen Mitteln auszustatten. Dieser Stiftungswille muss schriftlich erfolgen (§ 126 BGB) oder notariell beurkundet sein, wenn Grundstücke in die zu errichtende Stiftung eingebracht werden sollen.

Neben dem Stiftungsakt beinhaltet das Stiftungsgeschäft eine Satzung der vorgesehenen Stiftung. Die Satzung ist das Kernstück der Stiftung, die den Aufgaben- und Organisationsplan enthält. Die Formulierung der Satzung bedarf besonderer Sorgfalt, bildet sie doch die Grundlage der Stiftungsarbeit. Hier sollten sich zukünftige Stifter fachkundig beraten lassen, insbesondere um eventuelle notwendige Anpassungen an der Ausrichtung der Stiftung vornehmen zu können.

Mit dem Abschluss der Errichtung der Stiftung ist diese unabhängig von ihrem Stifter und zugleich seinem Einfluss weitgehend entzogen. Damit ist die Stiftung ein Rechtsgebilde, das keinen personalen Eigentümer mehr hat und sich stattdessen „selbst gehört“.

Bei der Gründung der Stiftung sollte dieser doch sehr wesentliche Aspekt unbedingt beachtet werden, da spätere Veränderungen persönlicher Präferenzen, z.B. hinsichtlich der Mittelverwendung nur durch eine Satzungsänderung – d.h. nicht ohne Zustimmung der staatlichen Stiftungsaufsicht – berücksichtigt werden können. Daher sollte in der Vorbereitung einer Stiftung sehr genau geprüft und abgestimmt werden, welche Motive dem Entstehungsakt zugrunde liegen und welche Ziele mit der Stiftung mit der Stiftung verfolgt werden sollen.

Vermögensausstattung der Stiftung
Das Vermögen der Stiftung stellt die materielle Grundlage ihrer Geschäftstätigkeit dar. Das Stiftungsvermögen kann aus jeglicher Art von Vermögenswert bestehen. Dabei kann es sich beispielsweise um Immobilien, Beteiligungen an Unternehmen, Kapitalvermögen, Aktien oder andere Wertpapiere handeln. Aber auch aus bestehenden Vermögenswerten zukünftig ergebene Erträge können bereits dem Stiftungsvermögen zugeordnet werden.

Da Stiftungen in der Regel auf unbestimmte Dauer angelegt sind, muss der Stifter hinsichtlich der Zielerreichung gewisse Schwankungen in der Zukunft bei den Erträgen berücksichtigen und dies ggf. bei der Satzungserstellung und der Möglichkeit einer Vermögensumschichtung berücksichtigen.

Aufsicht und Kontrolle
Stiftungen unterliegen generell der jeweiligen landesgesetzlich verankerten staatlichen Stiftungsaufsicht. Deren Rechtsaufsicht erstreckt sich jedoch ausschließlich auf die Stiftung selbst, nicht hingegen auf die Destinatäre. Aufgabe der staatlichen Stiftungsaufsicht ist es, die Erhaltung des Stiftungsvermögens sicherzustellen sowie die Einhaltung der Stiftungssatzung zu gewährleisten. Familienstiftungen sind in einigen Bundesländern (z.B. Schleswig-Holstein und NRW) angesichts eines mangelnden öffentlichen Interesses von der laufenden Stiftungsaufsicht befreit. Neben der staatlichen Stiftungsaufsicht findet jedoch in der Regel eine intensive Kontrolle durch die in der Satzung verankerten Aufsichtsgremien statt. Hierbei handelt es regelmäßig um einen Aufsichtsrat, Beirat oder ein Kuratorium.

Steuerliche Faktoren
Die Stiftung ist kein Steuersparmodell und sollte auch nicht als solches verstanden werden. Bei der Errichtung der Stiftung und dem Übergang von Vermögen auf eine Familienstiftung unterliegt dies als Erwerb von Todes wegen oder als Schenkung unter Lebenden der Erbschaft – bzw. Schenkungsteuer. Gerade und insbesondere bei der Familienstiftung können aber erbschaftsteuerliche und schenkungssteuerliche Vergünstigungen (z.B. Freibeträge oder Verschonungsabschläge) zur Anwendung kommen. Dies gilt insbesondere für den gleitenden Abzugsbetrag und den Verschonungsabschlag (§ 13a Absatz 9 ErbStG). Das Steuerklassenprivileg bedeutet, dass die Steuerklasse nach dem Verwandtschaftsgrad zwischen dem Schenker und dem nach der Stiftungsurkunde berechtigten berechnet wird (§ 15 Absatz 2 Satz 1 ErbStG).

Damit ist die Familienstiftung zwar immer noch kein Steuersparmodell, aber steuerlich gegenüber der Alternative einer vermögensverwaltenden Kommanditgesellschaft oder Kapitalgesellschaft als Rechtskleid vorteilhafter. Der Vorteil ist dann besonders groß, wenn und soweit Erträge des Vermögens in der Familienstiftung thesauriert werden. Dies erklärt sich dadurch, dass der derzeitige Einkommensteuersatz bei natürlichen Personen bei 47,5 % (einschließlich Solidaritätszuschlag) liegt, wohingegen eine Stiftung lediglich Körperschaftssteuer in Höhe von 15,8 % (einschließlich Solidaritätszuschlag) zu entrichten hat. Auch und soweit Ausschüttungen an die Destinatäre der Familienstiftungen erfolgt, liegt die Gesamtsteuerbelastung unter der Belastung von Ausschüttungen an die Gesellschafter bei der Alternative Kapitalgesellschaft (AG oder GmbH) oder entsprechender Entnahmen der Gesellschafter bei der Personengesellschaft.

Fazit

  • Die Familienstiftung kann ein geeignetes Rechtsvehikel, um Familienvermögen von einer gewissen Größe „effizient“ über den Tod des Erblassers hinaus verwalten, erhalten und vermehren zu lassen.
  • Eine Familienstiftung kann auch einen geeigneten rechtlichen Rahmen darstellen, um das Familienvermögen vor Zersplitterung zu bewahren und dafür zu sorgen, dass auch die nachfolgenden Generationen in ausreichendem Umfang finanziell abgesichert sind.
  • Trotz oder gerade aufgrund der staatlichen Stiftungsaufsicht kann die Familienstiftung ein geeignetes Rechtskleid sein, um die effiziente Vermögensverwaltung und Kontrolle über die Zeit des Stifters hinaus sicherzustellen. In Abhängigkeit von der Bereitschaft und Eignung der Familienmitglieder können diese im Vorstand und im Kontrollorgan Verantwortung übernehmen.
  • Privatnützige Stiftungen sind als juristische Personen unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls fallen auch Gewerbesteuer, Umsatzsteuer und Grundsteuer an. Bei Familienstiftungen kommt die sogenannte Erbersatzsteuer hinzu. Die Erbersatzsteuer stellt eine Besonderheit bei den deutschen Familienstiftungen dar. Durch diese Steuer soll verhindert werden, dass das im Familienstiftungen gebundene Vermögen dem deutschen Fiskus über Generationen hinweg entzogen wird. Nach der derzeitigen ertragsteuerlichen Behandlung kann die Familienstiftung beispielsweise gegenüber der Alternative einer vermögensverwaltenden Kommanditgesellschaft (Personengesellschaft) oder Kapitalgesellschaft (GmbH oder AG) vorteilhafter sein.
  • Bei der Errichtungsbesteuerung anlässlich der Einbringung des Vermögens in eine Familienstiftung bietet die Stiftung gegenüber der natürlichen Generationenfolge grundsätzlich keinen Vorteil. Sie ist insoweit schenkungsteuerlich neutral. Gegenüber der natürlichen Generationsfolge hat die Stiftung jedoch den Vorteil, dass sie exakt planbar ist.
  • Als vom Stifter geschaffene Institution hat eine Stiftung die Aufgabe, mithilfe des der Stiftung gewidmeten Vermögens den festgelegten Stiftungszweck dauern zu verfolgen. Der Stifterwille kann damit auch über den eigenen Tod Wirkung entfalten.
    Familienstiftungen haben zwar keine Eigentümer können durch ihren familiären Bezug jedoch die Familie des Erblassers einschließlich noch ungeborener Nachfahrer wirtschaftlich langfristig absichern. Die Familienstiftung hat zwar als Rechtsgebilde keine personalen Eigentümer, behält mit ihrem familiären Bezug eine wirtschaftlich langfristige Absicherung der Familie einschließlich der noch ungeborenen Nachfahren.
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